Weiterbelastung von Lohnkosten

Mit Wirkung ab dem 01.01.2020 wird in Deutschland voraussichtlich eine Gestaltungsmöglichkeit zur Vermeidung von Lohnsteuer für nach Deutschland entsandte Arbeitnehmer entfallen. Eine entsprechende Regelung ist im Entwurf des Jahressteuergesetzes 2019 (Gesetz zur Förderung der Elektromobilität) enthalten.

Bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerentsendung gilt für die Besteuerung des Arbeitseinkommens des entsandten Arbeitnehmers vielfach das Tätigkeitsprinzip – die Besteuerung erfolgt in dem Staat, in dem der entsandte Arbeitnehmer tatsächlich tätig wird. Bei der Entsendung eines Arbeitnehmers nach Deutschland werden dessen Bezüge in Deutschland besteuert, soweit sie auf seine Tätigkeit in Deutschland entfallen. Bei einer nur kurzfristigen Entsendung von nicht mehr als 183 Tagen ist zusätzliche Voraussetzung für die Besteuerung in Deutschland, dass die Vergütung von einem in Deutschland ansässigen Arbeitgeber getragen wird. Die deutsche Finanzverwaltung stellt für Zwecke der Einkommensteuer des Arbeitnehmers darauf ab, dass der in Deutschland ansässige (wirtschaftliche) Arbeitgeber die Vergütung ausbezahlt oder er die Kosten im Wege der Verrechnung innerhalb des Konzerns tatsächlich trägt. Darüber hinaus lässt es die deutsche Finanzverwaltung auch ausreichen, wenn der inländische (wirtschaftliche) Arbeitgeber die Kosten für die Tätigkeit des entsandten Arbeitnehmers nach Verrechnungspreisgrundsätzen hätte tragen müssen.

Für Zwecke der Lohnsteuer gab es in der Praxis eine Lücke, wenn der inländische (wirtschaftliche) Arbeitgeber den Lohn nicht ausbezahlt hat und wenn das ausländische entsendende Konzernunternehmen auf eine Weiterbelastung der Lohnkosten nach Verrechnungspreisgrundsätzen verzichtet. Die Finanzverwaltung hat sich bisher damit beholfen, dass sie es für ausreichend erachtete, dass das inländische aufnehmende Unternehmen aufgrund der mit dem entsendenden ausländischen Unternehmen geschlossenen Vereinbarung damit rechnen musste, den vom ausländischen Unternehmen an den entsandten Arbeitnehmer ausbezahlten Arbeitslohn rückbelastet zu bekommen. In Fällen fehlender Vereinbarung oder anfänglich ausdrücklich ausgeschlossener Rückbelastung oder Verzicht ist die Verpflichtung des aufnehmenden inländischen Unternehmens zum Lohnsteuereinbehalt fraglich.

Um diesen Zweifelsfällen entgegenzutreten und eine eindeutige Rechtslage zu schaffen, wird voraussichtlich mit Wirkung ab dem 01.01.2020 festgeschrieben, dass inländische aufnehmende Unternehmen im Falle der Arbeitnehmerentsendung auch dann zum Lohnsteuereinbehalt und zur Lohnsteuerabführung verpflichtet sind, wenn sie den Arbeitslohn nach Verrechnungspreisgrundsätzen tragen müssten. Auf eine tatsächliche Weiterbelastung oder einen Verzicht auf eine Weiterbelastung kommt es dann nicht mehr an.

Die beabsichtigte Neuregelung wird voraussichtlich wirksam und mit Wirkung zum 01.01.2020 in Kraft treten, wenn der Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2019 insoweit unverändert den Bundestag und den Bundesrat im Herbst 2019 passiert.

Dr. Stefan Diemer