Sehr oft wollen deutsche Mitarbeiter, die in ausländische Tochtergesellschaften entsandt werden, ihre Verbindung zum deutschen Mutterunternehmen nicht verlieren. In diesen Fällen erfolgt die Entsendung häufig auf Basis von Entsendevereinbarungen unter Fortführung ihrer Arbeitsverträge mit dem deutschen Mutterunternehmen. Diese arbeits- und sozialversicherungsrechtlich bewährte Vertragsgestaltung hat in der Praxis von Betriebsprüfungen in einigen Bundesländern jedoch steuerliche Nachteile für das Mutterunternehmen zur Folge.

Betroffen sind Konstellationen, bei denen die ausländische Tochtergesellschaft in Niedrigsteuerländern Produkte oder Waren der Muttergesellschaft veräußert, Dienstleistungen oder Forschungs- und Entwicklungsleistungen erbringt und jeweils von der Muttergesellschaft entsandte Mitarbeiter hieran in einem relevanten Umfang mitarbeiten. In solchen Konstellationen können Erträge der ausländischen Tochtergesellschaft bei der Muttergesellschaft der Hinzurechnungsbesteuerung unterfallen. Die Muttergesellschaft muss dann die Erträge der Tochtergesellschaft so versteuern, als wenn die Muttergesellschaft die Erträge selbst erzielt hätte. Auf irgendwelche Zahlungen oder Gewinnausschüttungen der Tochtergesellschaft kommt es dabei nicht an. Die Muttergesellschaft versteuert also Erträge, die sie noch gar nicht selbst erzielt hat. Dies führt vor allem dazu, dass die Vorteile aus der niedrigeren Besteuerung bei der Tochtergesellschaft verloren gehen. Eine niedrige Besteuerung liegt vor, wenn die Ertragsteuerbelastung bei der Tochtergesellschaft weniger als 25% beträgt (in Deutschland liegt der Ertragsteuersatz des Mutterunternehmens i.d.R. zwischen 28% und 33%). Niedrigsteuerländer sind z.B. Schweiz (abhängig vom Kanton), Großbritannien, Schweden, Dänemark, USA (abhängig vom Bundesstaat), Irland, Tschechien, Ungarn, Rumänien, etc.

Die Entsendung von Mitarbeiten mit normalen Entsendevereinbarungen ist dann schädlich, wenn die Vereinbarung so ausgestaltet ist, dass das Mutterunternehmen noch arbeitsrechtliche Weisungsrechte gegenüber dem Mitarbeiter hat und der Mitarbeiter bei der Tochtergesellschaft schädliche Funktionen ausübt. Hierbei wird von Betriebsprüfern in der Praxis vielfach eine typisierende steuerliche Betrachtung vorgenommen.

Eine schädliche Mitwirkung des Mitarbeiters liegt vor, wenn der entsandte Mitarbeiter wesentliche Funktionen ausübt, die Teil der Leistungsfunktion der Tochtergesellschaft sind. Der entsandte Mitarbeiter muss wesentlichen Einfluss auf die Leistungserbringung der Tochtergesellschaft haben. Besonders kritisch sind also Managementtätigkeiten, wesentliche Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten und im Einzelfall die Betreuung von Key Accounts.

Die deutsche Finanzverwaltung nimmt in diesen Fällen eine schädliche Mitwirkung der Muttergesellschaft bei den geschäftlichen Aktivitäten der Tochtergesellschaft an. Die Mitwirkung ergebe sich aus der Bindung des entsandten Mitarbeiters zum Mutterunternehmen, u.a. wenn er weiterhin einen Vergütungsanspruch gegen das Mutterunternehmen hat und noch dessen Weisungen unterliegt. Dahinter steht die Überlegung, dass das Mutterunternehmen Erträge in ein Niedrigsteuerland verlagert. Dies löst dann die Hinzurechnungsbesteuerung als Korrektiv aus.

In solchen Konstellationen ist eine sorgfältige Ausgestaltung der Entsendevereinbarung erforderlich. Ob alleine der vertragliche Ausschluss von Weisungsrechten des Mutterunternehmens ausreicht, kann nur im Einzelfall entschieden werden. In jedem Fall sollte das Versetzungsmodell als alternative Gestaltung für die Entsendung erwogen werden. Beim Versetzungsmodell wird die arbeitsvertragliche Beziehung des entsandten Arbeitnehmers zum Mutterunternehmen beendet und damit eine rechtliche Grundlage für Weisungen oder Abhängigkeit in Folge von Vergütungsansprüchen beseitigt. Wenn das Versetzungsmodell vom Mitarbeiter nicht akzeptiert wird, sollten besondere Sorgfalt auf die inhaltliche Gestaltung der Stellenbeschreibung in der Entsendevereinbarung und deren tatsächliche Umsetzung beim Tochterunternehmen gelegt werden. Schädliche Funktionen sollten dem Mitarbeiter nicht übertragen werden.

Dr. Stefan Diemer