Lockerungen der Einreisebeschränkungen

Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU wird das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU im Verhältnis zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich nicht mehr gelten. Die Regierungen der beiden Staaten haben sich jedoch auf eine Nachfolgeregelung geeinigt. Die «Mind the Gap»-Strategie des Bundesrates wurde inzwischen auch vom Parlament abgesegnet. Mit dem Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger vom 25. Februar 2019 behalten jene Schweizer und britische Staatsangehörige ihre Aufenthaltsrechte (und andere Rechte), welche sie gestützt auf das Freizügigkeitsabkommen erworben haben auch nach dem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs. Mindestens bis Ende des Jahres gilt eine Übergangsphase.

Übergangsfrist: Weitergeltung des Freizügigkeitsabkommens

Das Vereinigte Königreich und die EU haben sich im Austrittsabkommen auf eine Übergangsphase bis am 31. Dezember 2020 geeinigt. Diese Übergangsphase kann von der EU und dem Vereinigten Königreich noch verlängert werden. Während der Übergangsphase wird das Vereinigte Königreich einem EU-Mitgliedstaat gleichgesetzt. Dies gilt auch im Verhältnis zwischen dem Vereinigten Königreich und der Schweiz. Das Freizügigkeitsabkommen ist somit bis am 31. Dezember 2020 weiterhin auf britische Staatsangehörige in der Schweiz anwendbar und diese können die entsprechenden Rechte erwerben. Demnach benötigen britische Staatsangehörige auch weiterhin kein Visum für die Einreise in die Schweiz.

Entsprechend besteht aktuell kein Handlungsbedarf für britische Staatsangehörige, die bereits einen Aufenthaltstitel für die Schweiz besitzen. Britische Staatsangehörige in der Schweiz, die bereits vor dem 31. Dezember 2020 eine Kurzaufenthalts- oder eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA erworben haben, müssen auch bis Ende diesen Jahres grundsätzlich nichts unternehmen. Dasselbe gilt für Inhaberinnen und Inhaber einer Grenzgängerbewilligung. Es ist möglich, dass britische Staatsangehörige mit einer laufenden Aufenthaltsbewilligung aufgefordert werden, ihren Ausländerausweis umzutauschen. Dies ändert jedoch nichts an den bestehenden Aufenthaltsansprüchen. Diese bleiben unverändert bestehen, solange die betroffenen Personen die entsprechenden Zulassungsvoraussetzungen gemäss Freizügigkeitsabkommen erfüllen. Ohne Aufforderung zu einem Umtausch des Ausländerausweises, müssen die betroffenen Personen erst vor Ablauf der Bewilligung wie üblich eine neue Bewilligung beantragen (Verfallsanzeige).

Noch bis zum 31. Dezember 2020 können britische Staatsangehörige Rechte unter dem Freizügigkeitsabkommen in der Schweiz erwerben. Die Anschlusslösung tritt nach Ablauf der Übergangsphase in Kraft. Falls die Übergangsphase von der EU und dem Vereinigten Königreich verlängert wird, tritt die Nachfolgeregelung entsprechend zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft.

Nachfolgeregelung: Fortbestand der bereits erworbenen Rechte

Die Schweiz und das Vereinigte Königreich haben sich gemeinsam auf eine Nachfolgeregelung geeinigt und am 25. Februar 2019 ein Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger unterzeichnet. Nachdem am 3. Juni 2020 der Nationalrat dem Nachfolgeabkommen zugestimmt hat, hat auch der Ständerat dieses am 8. September 2020 genehmigt.

Das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger tritt in Kraft, sobald das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich nicht mehr anwendbar ist. Ohne Verlängerung der Übergangsphase wird dies am 1. Januar 2021 der Fall sein.

Jene Rechte aus dem Freizügigkeitsabkommen, die bereits vor dem 31. Dezember 2020 oder während der Dauer einer allfälligen Verlängerung der Übergangsfrist erworben wurden, werden aber auch unter diesem neuen Abkommen weiterhin Bestand haben. Unter anderem werden die Rechte von britischen Staatsangehörigen in den Bereichen Aufenthalt, Sozialversicherungen oder Anerkennung von beruflichen Qualifikationen geschützt. Im Rahmen des Aufenthaltes sind die Rechte sowohl in Bezug auf nichterwerbstätige als auch– selbständig und unselbständig – erwerbstätige Personen abgedeckt. Dasselbe gilt umgekehrt auch für Schweizer Bürger im Vereinigten Königreich. Zudem soll die beidseitige Befreiung von der Visapflicht weiterhin gelten. Ferner haben das Diskriminierungsverbot und das Recht auf Immobilienerwerb Fortbestand.

Die im Abkommen gewährten Rechte gelten auf Lebenszeit, solange die darin definierten Voraussetzungen erfüllt werden. Die erworbenen Rechte erlöschen, wenn die Bedingungen des Abkommens nicht mehr erfüllt werden. Unter dem Freizügigkeitsabkommen erworbene, aber infolge Abmeldung und Wegzug aus der Schweiz erloschene Aufenthaltsbewilligungen können zu einem späteren Zeitpunkt nicht reaktiviert werden. Niederlassungsbewilligungen können hingegen auf Gesuch hin für eine gewisse Zeit trotz Auslandaufenthalt aufrechterhalten werden.

Änderungen für Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs im Vergleich zum Freizügigkeitsabkommen

Folgende wesentliche Änderungen sind mit Blick auf den Wechsel vom Freizügigkeitsabkommen zum neuen bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich zu beachten:

  • Bei Erneuerung einer Kurzaufenthalts-, Aufenthalts- oder Grenzgängerbewilligung kann die zuständige Schweizer Behörde nach dem 31. Dezember 2020 von britischen Staatsangehörigen einen Strafregisterauszug verlangen.
  • Während einer fünfjährigen Frist finden auf den Nachzug der Ehegatten weiterhin die Bestimmungen des Freizügigkeitsabkommens Anwendung. Danach sind aus Sicht der Schweiz die gleichen Regeln wie für andere Drittstaatsangehörige nach dem Ausländer- und Integrationsgesetz anwendbar. Diese Bestimmungen sind etwas strenger als die Regeln des Freizügigkeitsabkommens. Beispielsweise muss nachgewiesen werden, dass ausreichende finanzielle Mittel vorhanden sind, um den eigenen Lebensunterhalt und den der Familienangehörigen bezahlen zu können.
  • Personenbezogene Dienstleistungserbringungen, die nach dem 31. Dezember 2020 begonnen werden, geniessen nicht mehr den präferenziellen Marktzugang unter dem Freizügigkeitsabkommen (bis 90 Tage pro Kalenderjahr). Sie fallen grundsätzlich unter die geltenden Bedingungen des Allgemeinen Abkommens über den Handel von Dienstleistungen (GATS) der WTO. Bereits unter dem Freizügigkeitsabkommen angefangene Dienstleistungserbringungen können sodann unter den Bedingungen desselben zu Ende geführt werden.
  • Straftaten, die nach dem 31. Dezember 2020 und damit nach Wegfall des Freizügigkeitsabkommens begangen werden, werden wie bei anderen Drittstaatsangehörigen nach den Bestimmungen des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG) beurteilt. Im Falle einer Verurteilung kommen die strafrechtlichen Bestimmungen zur Landesverweisung zur Anwendung.

Einwanderung von britischen Staatsangehörigen nach dem Wegfall des Freizügigkeitsabkommens

Staatsangehörige aus dem Vereinigten Königreich, die nach dem 31. Dezember 2020 bzw. nach dem Ende der allenfalls verlängerten Übergangsfrist einwandern möchten, können sich hingegen nicht mehr auf diese Nachfolgeregelung während der Übergangsfrist und damit auf die Rechte aus dem Freizügigkeitsabkommen berufen. Sie gelten ab dem 1. Januar 2021 respektive später, falls die Übergangsphase verlängert wird, in der Schweiz als Drittstaatsangehörige. Ohne ein zusätzliches bilaterales Abkommen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich, müssen britische Staatsangehörige, welche nach dem Wegfall des Freizügigkeitsabkommens in die Schweiz einwandern möchten, die Bestimmungen des Ausländer- und Integrationsgesetzes erfüllen. Sie gelten damit nach dem Ablauf der Übergangsfrist in der Schweiz als Drittstaatsangehörige und würden in diesem Fall den Kontingenten unterliegen.

Die Schweiz und das Vereinigte Königreich führen Gespräche über die Weiterführung der gegenseitigen Zuwanderungserleichterungen. Die genaue Ausgestaltung dieses Abkommens ist noch nicht geklärt.

Patricia Meier